Ich möchte heute über ein Thema berichten, welches ich zum Einen super spannend zum Anderen sehr wichtig finde in Hinblick auf unseren allgemeinen Gesundheitszustand – und zwar geht es um das Mikrobiom. Ich werde hier nicht zu sehr ins Detail gehen, denn sonst würde ich wahrscheinlich meinen Blogspeicher sprengen. Dieser Beitrag soll nur ein kleiner Einblick in die Funktionen des Mikrobioms und der damit einhergehenden Wirkung auf unsere körperliche Verfassung sein. Falls dennoch Fragen offen bleiben oder euch etwas genauer interessiert, schreibt mir gerne unten in die Kommentare.
Das Mikrobiom – was ist das überhaupt?
Wie der Name schon sagt, handelt es sich schlicht und ergreifend um winzig kleines Leben (‘mikro’ = klein; ‘bio’ = Leben), welches unseren Organismus an den unterschiedlichsten Stellen, wie unsere Haut [1] und unseren Mund [2] besiedelt. In der Tat setzt sich unser Körper aus schätzungsweise 10-mal mehr Bakterien als eigenen Körperzellen zusammen – das sind mindestens 100 Trillionen Mikroorganismen, die auf und in uns leben [3]! Wahnsinn, oder? Der Begriff ‘Bakterien’ wird in einigen von euch wahrscheinlich negative Assoziationen hervorrufen, aber glaubt mir, Bakterien können auch anders. So klein sie auch sind, Mikroben wirken in verschiedenen biologischen Vorgängen in unserem Körper und haben einen extrem großen Einfluss auf unsere Gesundheit.
Das größte und wahrscheinlich wichtigste Mikrobiom, welches unser Körper beherbergt, ist das unseres Verdauungstrakts. Hier herrscht ein überaus komplexes Zusammenspiel – eine Art Symbiose – aus einer Vielzahl an veschiedensten Mikrobiota Stämmen und körpereigenen Zellen, um u.a. unsere Verdauung auf Trab zu halten und unser Immunsystem zu stärken. Und wenn dieses Zusammenspiel aus dem Gleichgewicht gerät, kann es zu schwerwiegenden Folgen kommen, von inflammatorischen Darmerkrankungen (wie Morbus Crohn), Asthma, Diabetes und Adipositas bis hin zu Kolorektalkrebs und sogar neurologischen Dysfunktionen [4, 5].
Klein, aber oho!
Eine der Hauptfunktionen unserer Darmbewohner ist es bestimmte Lebensmittelkomponenten aufzuspalten, die für unseren Körper unverdaulich sind (uns fehlen die Enzyme dafür) – nämlich die Ballaststoffe [6, 7]. Jetzt fragt ihr euch vielleicht, wie diese für uns unverdaulichen Kohlenhydrate wie Pektine – aka Ballaststoffe – so wichtig sein können, obwohl wir nicht mal in der Lage sind sie selbst zu verdauen. Lösliche Ballaststoffe werden von Darmbakterien gespalten, wodurch die kurzkettigen Fettsäuren Butyrat, Acetat und Propionat entstehen, die unter anderem für die Aufrechterhaltung unserer Darmmukosa, oder Darmschleimhaut nötig sind [8]. Das mag vielleicht etwas unspektakulär klingen, jedoch ist es ein essentieller Prozess, der euren Darm gesund hält und vor Entzündungen wie Kolitis schützt. Die kurzkettigen Fettsäuren begünstigen zudem nicht nur die Besiedlung anderer förderlicher Bakterien, sondern verhindern zugleich die Besiedlung von schädlichen Pathogenen in der Darmwand unter anderem durch Interaktionen mit Immunzellen, die ebenfalls im Darmtrakt zu finden sind [9].
Fütterung der Darmbewohner
Die Artenvielfalt unserer intestinalen Mikrobiota ist individuell und somit vergleichbar mit einem Fingerabdruck. Und wie ihr euch sicher denken könnt, hängt dieser bakterielle Fingerabdruck sehr stark mit unserer Ernährung zusammen – immerhin sprechen wir von unserem Verdauungstrakt!
Die Zusammensetzung unserer Darmbakterien ist jedoch durchaus dynamisch. Eine Ernährungsumstellung kann innerhalb kurzer Zeit eine drastische Veränderung des Darmmikrobioms hervorrufen. Allerdings ist diese Veränderung je nach Zusammensetzung der Nahrung nicht immer vorteilhaft. So konnte nachgewiesen werden, dass bei einer chronischen Ballaststoff-Defizienz die Verhältnisse der Bakterienstämme zueinander radikal verschoben werden und bestimmte Darmbakterien vermehrt die Darmschleimhaut als Nahrungsquelle angreifen. Dieser Abbau der intestinalen Schleimhaut führt zu einem erhöhten Infektionsrisiko, da die Darmmukosa eine wichtige Barriere gegen Pathogene darstellt [10]. Aber nicht nur euer Darm leidet unter einer ballaststoffarmen Ernährung. Eine Ernährung mit reduziertem Ballaststoffanteil korreliert wissenschaftlichen Studien nach zu urteilen unter anderem mit höherem Körpergewicht [11] und begünstigt die Entstehung von Atemwegserkrankungen, wie Asthma [12].
Menschen aus Ländern, in denen größere Mengen an tierischen Proteinen, Fetten und Zucker und damit wenigen Ballaststoffen verzehrt werden, wie z.B. den USA, haben eine komplett anderes Spektrum an Darmbakterien, als Menschen aus Ländern wie Afrika, in denen viel Getreide, Hülsenfrüchte und Pflanzen täglich auf dem Speiseplan stehen [13, 14]. Dreimal dürft ihr raten, in welchem der beiden Länder eine höhere Inzidenzrate für Adipositas, Diabetes, entzündlichen Darmerkrankungen und Darmkrebs vorliegt! Natürlich spielen neben der Darmflora bei der Entstehung dieser Krankheiten noch viele andere Faktoren und biologische Prozesse eine Rolle, keine Frage.
Antibiotika und der Untergang der Darmflora
(Picture credit: https://www.kratomiq.com/buy-kratom/)
Nicht nur Ernährung beeinflusst das Leben in unserem Darm. Die Einnahme von Antibiotika kann dramatische Folgen für die Zusammensetzung und Aktivität der Darmflora und damit eure Gesundheit haben. Antibiotika wirken nämlich nicht nur gegen die fiesen Keime, die man eigentlich gezielt abtöten möchte, sondern auch gegen die guten Darmbakterien. Kinder, die in ihren ersten Lebensjahren wiederholt mit Antibiotika behandelt wurden, zeigen eine verzögerte Ausreifung der Darmflora und haben eine geringere Vielfalt von Mikroorganismen im Darm als Kinder, die nicht mit Antibiotika behandelt wurden [15]. In mehreren Studien wurde außerdem gezeigt, dass sich die Zusammensetzung der Darmmikroben nach Einnahme von Antibiotika wie Ciprofloxacin nicht komplett wieder erholt und zu seinem ursprünglichen Stand zurrückkehrt [16, 17]. Wenn ihr also auf Antibiotika verzichten könnt, dann tut es!
Der Darm und die Psyche
Ich habe jetzt hauptsächlich die Thematik der Darmgesundheit aufgegriffen, aber wusstet ihr, dass unser Verdauungstrakt eng mit unserem Kopf verknüpft ist? Wenn es unserem Darm nicht gut geht – zum Beispiel aufgrund von Entzündungen, die durch eine Dysbiose der Darmflora entstanden sind – werden bestimmte Signalmoleküle wie Neurotransmitter und Faktoren des Immunsystems vom Darm zum Gerhin geschickt [18]. Und dies kann einen starken Effekt auf unser mentales Wohlbefinden haben. So wurde bereits in mehreren wissenschaftlichen Studien gezeigt, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Mikrobiom und verschiedenen psychischen Erkrankungen, wie Depressionen [19], Alzheimer [20] und interessanterweise Autismus [20] gibt.
Her mit dem Gemüse!
Ernährung hat einen großen Einfluss auf unsere physische und auch mentale Gesundheit, sei es durch direkte Effekte oder indirekte Einwirkung über unser intestinales Mikrobiom. Trotz der Komplexität unsereres Mikrobioms kann man ohne Zweifel sagen, dass eine pflanzliche Ernährung, die hauptsächlich aus unverarbeitetem Getreide, Hülsenfrüchten und viel Obst und Gemüse besteht, sich positiv auf die Darmflora und damit auch auf den allgemeinen Gesundheitszustand auswirkt. Wenn ihr also das nächste mal darüber nachdenkt das komplette Wochenende nur von Chips, Schokolade und zuckrigen Keksen zu leben, solltet ihr vielleicht lieber auf euer (mikrobielles) Bauchgefühl hören.
Falls euch solche Art von Beiträgen gefällt, lasst es mich unten in den Kommentaren wissen. Und wenn ihr Vorschläge für mögliche zukünftige Themen haben solltet, könnt ihr sie ebenfalls gerne aufschreiben.
Quellen:
[1] Grice et al. Topographical and temporal diversity of the human skin microbiome (2009), Science
[2] Nasidze et al. Global diversity in the human salivary microbiome (2009), Genome Res
[3] Whitman et al. Prokaryotes: The unseen majority (1998), Proc Natl Acad Sci
[4] Blumberg and Powrie. Microbiota, disease, and back to health: A metastable journey (2016), Sci Transl Med
[5] Turnbaugh et al. An obesity-associated gut microbiome with increased capacity for energy harvest (2006), Nature
[6] Sonnenburg et al. Glycan foraging in vivo by an intestine-adapted bacterial symbiont (2005), Science
[7] Sawicki et al. Dietary fiber and the human gut microbiota: Application of evidence mapping methodology (2017), Nutrients
[8] Wong et al. Colonic health: fermentation and short chain fatty acids (2006), JCG
[9] Kau et al. Human nutrition, the gut microbiome, and immune system (2011), Nature
[10] Desai et al. A dietary fiber-deprived gut microbiota degrades the colonic barrier and enhances pathogen susceptibilty (2016), Cell
[11] Ley et al. Microbial ecology: Human gut microbes associated with obesity (2006), Nature
[12] Trompette et al. Gut microbiota metabolism of dietary fiber influences allergic airway disease and hematopoiesis (2013), Nature Medicine
[13] Yatsunenko, T. et al. Human gut microbiome viewed across age and geography (2012), Nature
[14] De Filippo et al. Impact of diet in shaping gut microbiota revealed by a comparative study in children from Europe and rural Africa (2010), Proc Natl Acad Sci
[15] Langdon et al. The effects of antibiotics on the microbiome throughout development and alternative approaches for therapeutic modulation (2016), Genome Med
[16] Dethlefsen et al. The pervasive effects of an antibiotic on the human gut microbiota, as revealed by deep 16S rRNA sequencing (2008), PLoS Biol
[17] Jernberg et al. Long-term ecological impacts of antibiotic administration on the human intestinal microbiota (2007), ISME J
[18] Clapp et al. Gut microbiota’s effect on mental health: The gut-brain axis (2017), Clin Pract
[19] Foster, McVey Neufeld. Gut–brain axis: how the microbiome influences anxiety and depression (2013), Trends Neurosci
[20] Zhao et al. Secretory products of the human GI tract microbiome and their potential impact on Alzheimer‘s Disease (AD): Detection of Lipopolysaccharide (LPS) in AD hippocampus (2017), Front Cell Infect Microbiol
[21] Mayer et al. Altered brain–gut axis in autism: comorbidity or causative mechanisms? (2014), Bioessays